Aus der Perspektive eines Angehörigen

Mein Krebs und ich

Lukas sieht sich von außen

 „Zuerst fällt man in ein tiefes Loch – das ist eine Situation, die man in keinem Alter haben möchte. In so jungen Jahren ist das aber ganz was Intensives, gerade wenn es zeitgleich mit der Geburt eines Kindes passiert. Es hat mich bestimmt an die körperlichen und geistigen Grenzen gebracht. Trotzdem: Ich war immer da. Ich habe meine Aufgaben als Vater und als Ehemann gehabt und versucht, alles bestmöglich zu leisten. Eigentlich weiß ich nicht, wie ich das gestemmt habe. Man kann sich das nicht vorstellen. Ich kann es mir selbst nicht vorstellen, aber es hat einfach funktioniert. Es war eine Phase, in der ich selbst nur mehr funktioniert habe.“ 

Was wenn Plan A nicht funktioniert?

Lukas ist Wirtschaftsingenieur. Sein strukturiertes, analytisches Denken kommt ihm möglicherweise in der Bewältigung der vielen Aufgaben zu Gute. „Viele hat es gewundert, dass ich mit Excel-Listen arbeite. Die hat mein Vater gleich am Anfang für mich erstellt, so dass ich die viele Dinge abarbeiten kann, ohne etwas zu vergessen.“ Lukas muss sich um eine pflegebedürftige Frau und zwei sehr kleine Kinder kümmern, immerhin ein Neugeborenes. Das funktioniert mit einem Plan besser: „Das half mir vielleicht ein wenig, Techniker zu sein. Weil wenn Plan A nicht funktioniert, braucht es einen Plan B. Und so habe ich mir mein Leben damals aufgebaut. Was ist, wenn die eine Person ausfällt – wer springt ein?“

Unterstützung von außen ist nicht selbstverständlich

Lukas‘ Vater hilft ihm, indem er andere Menschen konkret zur Unterstützung einteilt. „Ohne Unterstützung unserer Familie, durch Freunde und auch seitens der Krebshilfe Wien und anderer externer Hilfe hätten wir das nie geschafft.“ Großes Verständnis und Unterstützung erfahren Lukas und seine Familie bei seinem damaligen Arbeitgeber. „Selbst meinem Chef und unserer Sekretärin habe ich mal mein Kind anvertraut. Die haben alle tatkräftig mitgemacht. Das war schön zu sehen.“ 

Innerhalb der erweiterten Familie und auch im Freundeskreis wurde viel Hilfe angeboten. Lukas erzählt, dass es wohl für viele im Umfeld letztlich angesichts der herausfordernden Situation schwierig ist, über das Hilfsangebot hinaus konkrete Hilfestellung zu leisten. Deswegen wäre es oftmals leichter bzw. effizienter, ehrenamtliche Unterstützung – so wie in seiner Familie jene von zwei Frauen eines mobilen Hospizteams – in Anspruch zu nehmen, als zu lange auf Hilfsangebote aus dem Freundeskreis zu warten oder danach zu fragen.

Wenn der Krebs wiederkommt

In unserem Gespräch erzählt Lukas, dass seine Mutter vor nicht langer Zeit gestorben ist. Nach den Langzeit-Therapien war ihre Krebserkrankung genau zur Pensionierung mit Metastasen wiedergekommen. Wenn Lukas vom Tod seiner Mutter spricht, sieht er sich wieder ein bisschen von außen: „Die Krankheit meiner Frau war bestimmt für mich gefühlsmäßig vorbereitend für das, was nun mit meiner Mutter passierte. Ich habe den Tod leichter begriffen. Denn bei meiner Frau musste ich mich auch schon mehrmals auf das Schlimmste einstellen.  So blöd es für manch einen klingen mag: Das ist eine Art emotionales Training.“