Die Kraft der Musik und der Farben

Mein Krebs und ich

Renate Bartel, Brustkrebs

Kraft findet Renate Bartel vor allem in der Musik und beim Stricken: „Melodien und Farben sind mein Um und Auf. Dafür geht mir nie die Kraft aus. Das erste in der Früh: Radio an. Ich brauche die Geräuschkulisse – ich hatte immer viele Kinder um mich, zuhause und im Geschäft. Wenn ich Musik höre, tauche ich ein in ein Gefühl Italiens – und alles sieht plötzlich anders aus.“

Am liebsten ginge Frau Bartel ab und zu in die Oper. Aber die Oper ist teuer und der Weg dorthin beschwerlich. Deswegen freut sie sich über alle Veranstaltungen, die im Seniorenheim organisiert werden. Auch deswegen, weil sie gerne andere Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims trifft und kennenlernt. „90% sind nett, zuvorkommend, hilfsbereit. Und wenn jemand mal dabei ist, der etwas an Demenz erkrankt ist, dann muss man halt ein Auge zudrücken.“

Frau Bartel zeigt uns ihr Lager mit Wolle, das sie in einem Spind im obersten Stock des Seniorenheims verscharrt hat: „Am meisten Kraft hole ich mir aus den Farben und den Strickmustern. Als es mir schlecht ging, hatte ich trotzdem die Kraft, ins Wollgeschäft zu fahren. Dort habe ich mir oft nur diese vielen Farben angeschaut und habe alles auf mich zukommen lassen. Die Farben inspirieren mich. Das macht mich richtig stark.“ Frau Bartel strickt liebend gerne und versorgt ihre ganze Verwandt- und Bekanntschaft. Auch ihre beste Freundin aus dem Seniorenheim bringt netterweise eine paar Gusto-Stückerl zum Herzeigen vorbei.

Umso schwieriger das Muster ist, desto eher wird Frau Bartel von anderen Gedankengängen weggerissen, erzählt sie. "Lesen ist nicht mehr so möglich, wie früher. Aber das Stricken ist meditativ. Ich mache mehrere Stücke parallel und verschenke sie an Gott und die Welt. Auch an die Gruft konnte ich schon einiges an Wärme schenken. Meine Psychoonkologin in der Krebshilfe Wien hat auch schon ein paar Socken von mir bekommen und meine Ärztin nimmt sie so gerne zum Schifahren.“